Regulierungsreformen in ganz Europa schreiten voran, und es besteht die Möglichkeit, dass das bestehende boomende CBD-Geschäft auf die medizinische Anwendung sowie den Freizeitgebrauch mit THC ausgeweitet wird. Was könnte dies für Europa bedeuten?
Die Zukunft von Cannabis
Der europäische Cannabismarkt stößt bei Investoren auf großes Interesse, da in vielen Staaten in Europa eine fortschrittlichere Cannabisgesetzgebung eingeführt wird. Die Länder lockern nicht nur die Vorschriften für medizinisches Marihuana, sondern unterstützen auch den Freizeitkonsum. Im Dezember 2021 wurde Malta das erste europäische Land, das den Anbau und Besitz von Cannabis für den persönlichen Gebrauch legalisierte. Dies ist wahrscheinlich der Beginn einer Welle von Veränderungen in Europa, da die neue deutsche Regierung sowie die Niederlande, Schweiz und auch Luxemburg ihre Absicht bekundet haben, Cannabis für den Freizeitkonsum zu legalisieren. In reifen Cannabismärkten wie den Vereinigten Staaten, in denen 14 Bundesstaaten den Konsum für Erwachsene und 36 Bundesstaaten den medizinischen Gebrauch erlauben, erreichte der Umsatz im Jahr 2020 schätzungsweise 17,5 Milliarden Euro, ein Anstieg von 46 % gegenüber 2019. Drei Jahre nach der Legalisierung verzeichnete Kanada einen jährlichen Einzelhandelsumsatz von 1,8 Milliarden Euro, ein Plus von 120 % gegenüber dem ersten Jahr der Legalisierung. Natürlich spekulieren viele Investoren darauf, dass Europa ein vergleichbares Branchenwachstum wie die USA und Kanada erleben wird.
CBD vs. THC: Was ist der Unterschied?
Um die Regulierung und den rechtlichen Status von Cannabis zu verstehen, muss man zunächst die Cannabispflanze und ihre Inhaltsstoffe, die so genannten Cannabinoide, sowie ihre jeweilige Wirkung und Verwendung kennen.
Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabinol (THC) sind die bekanntesten und am besten untersuchten Cannabinoide. THC ist das wichtigste psychoaktive Element in Cannabis und löst die Freisetzung des Neurotransmitters Dopamin im Gehirn aus, was zu einem euphorischen „High“ führt. CBD hingegen ist nicht psychoaktiv und löst daher bei den Konsumenten kein „Dopamin-High“ aus. Daher kann die Cannabispflanze sowohl als „Hanfpflanze“ bezeichnet werden, die weniger als 0,2 % THC enthält, als auch als „Marihuanapflanze“, die mehr als 0,2 % THC enthält.
In der Forschung wurde festgestellt, dass Cannabis therapeutische Eigenschaften hat. CBD erfreut sich zunehmender Beliebtheit als Mittel zur Linderung von Schmerzen und Symptomen, ohne die bewusstseinsverändernde Wirkung von THC oder die zusätzlichen Nebenwirkungen, die mit einigen pharmazeutischen Medikamenten verbunden sind. THC hingegen kann zur Behandlung von schweren oder lang anhaltenden Schmerzen, chemotherapiebedingter Übelkeit und Erbrechen sowie schmerzhaften Muskelkrämpfen eingesetzt werden. Außerdem zeigen Umfragen, dass Cannabis für den Freizeitgebrauch weithin akzeptiert wird, und eine große Mehrheit der Amerikaner befürwortet die Ausweitung des Marktes auf dieses Segment.
Trends der Legalisierung deuten auf Wachstum hin
Es wird erwartet, dass der globale Cannabismarkt im Zeitraum von 2021 bis 2028 mit einer CAGR von 26,3 % wächst und bis 2028 80 Milliarden Euro erreicht. Derzeit wird der Markt von Nordamerika dominiert. Wie ist also die derzeitige Haltung zu Cannabis in Europa, und wie wird sie sich voraussichtlich entwickeln?
Wichtige Trends und Marktchancen in Europa
CBD-Markt
Trotz spärlicher Vorschriften und eines Marktes, der sich oft in einer rechtlichen Grauzone bewegt, floriert der CBD-Markt in Europa. Selbst ohne Berücksichtigung von Lebensmitteln und Getränken die mit CBD angereichert sind sowie von allen rauchbaren Produkten, schätzt der European Cannabis Report die Marktgröße von CBD bis 2021 auf etwa 2,8 Milliarden Euro. Es wird geschätzt, dass Anfang 2020 zwischen 9 % und 30 % der Erwachsenen in Europa in den letzten 12 Monaten CBD-Produkte probiert haben, was einer Zahl von mehreren Millionen Nutzern pro Jahr entspricht. Darüber hinaus stiegen die Zahlen nach dem Ausbruchs der COVID-19-Pandemie an, wahrscheinlich aufgrund des erhöhten Stressniveaus während der Lock-Downs und der Unsicherheiten.
Der Markt wurde weiter angekurbelt, als die Weltgesundheitsorganisation und die Vereinten Nationen CBD im Jahr 2020 aus der Liste IV der Arzneimittel herausnahmen und die Europäische Union entschied, dass CBD kein Betäubungsmittel ist. Infolgedessen können Erwachsene in vielen europäischen Ländern THC-freie oder THC-arme (weniger als 0,2 %) Produkte ohne Rezept kaufen. Dies bedeutet, dass CBD-Produkte wie Lebensmittel, Getränke, Kosmetika, Nahrungsergänzungsmittel, Öle und Vape-Patronen sowohl im Fachhandel als auch im normalen Einzelhandel in ganz Europa erhältlich sind.
THC-Markt
Viele europäische Länder haben im Laufe der Jahre medizinisches Cannabis legalisiert, obwohl der Zugang aufgrund des unterschiedlichen Konzepts der einzelnen Länder bei der Umsetzung eines rechtlichen Rahmens immer noch begrenzt ist. Die jüngsten Trends in Europa zeigen jedoch eine allmähliche Lockerung der Rechtsvorschriften für medizinisches Cannabis. So ist beispielsweise in Deutschland die Behandlung mit Cannabis nach dem Ermessen zugelassener Ärzte erlaubt und wird durch das subventionierte öffentliche Gesundheitssystem des Landes abgedeckt. Inzwischen hat Frankreich Pilotprogramme zur Erprobung von medizinischem Cannabis gestartet, wobei nach Ablauf der zweijährigen Frist ein verbesserter Zugang zu medizinischem Cannabis erwartet wird. Eine ähnliche Erwartung wurde für das Vereinigte Königreich geäußert, das ein Register für medizinische Cannabispatienten einrichtet. Infolgedessen wird erwartet, dass der medizinische Bereich wachsen wird, da viele Länder den Zugang zu medizinischem Cannabis erleichtern.
Am 14.12.21 wurde Malta das erstes europäisches Land, dass Cannabis für den persönlichen Gebrauch legalisierte, was wahrscheinlich einen Dominoeffekt in der gesamten Region auslösen wird. Die Regierungen Luxemburgs, der Schweiz und der Niederlande haben alle Verordnungen erlassen, um die Dinge in Gang zu bringen. In der Schweiz und in den Niederlanden werden THC-Pilotprogramme durchgeführt, bei denen Cannabis legal hergestellt, importiert und an registrierte Nutzer abgegeben werden kann, und es wird erwartet, dass innerhalb von ein bis zwei Jahren Ergebnisse vorliegen. Luxemburg hat sich ebenfalls verpflichtet, Cannabis innerhalb von zwei Jahren zu legalisieren, und die neue deutsche Regierung will den gleichen Weg einschlagen. Die Legalisierung von Cannabis für den Freizeitgebrauch würde mit Sicherheit zu einer größeren Normalisierung und gesellschaftlichen Akzeptanz der Pflanze in ganz Europa führen und den THC-Markt stärken.
Im Jahr 2020 wurde der Markt für legales Marihuana in Europa auf 230 Millionen Euro geschätzt, und im Jahr 2021 erreichte er 403 Millionen Euro. Die Prognosen für legales Marihuana zwischen 2021 und 2025 werden mit einer CAGR von 67,4 % auf 3,2 Milliarden Euro bis zum Ende des Prognosezeitraums geschätzt, wobei davon ausgegangen wird, dass der Freizeitkonsum in mehreren Ländern legalisiert wird. Insbesondere wird erwartet, dass bis 2025 zahlreiche Länder wie Spanien, Portugal, die Niederlande, Luxemburg, Deutschland und die Schweiz Marihuana für den Freizeitkonsum legalisiert haben werden. Diese Legalisierung wird daher eine interessante Gelegenheit für Investoren bieten, den illegalen Markt für Cannabisverkäufe, der 2019 schätzungsweise über 11,6 Milliarden Euro erreichen wird, weiter zu erschließen.
Ausblick
Die europäischen Cannabisvorschriften werden seit Mitte der 2010er Jahre allmählich gelockert und haben den Weg für die milliardenschwere Cannabisindustrie geebnet. Der Markt wird durch die zunehmende Legalisierung von Cannabis angetrieben, insbesondere im medizinischen Bereich aufgrund der wachsenden Anerkennung seiner medizinischen und therapeutischen Vorteile. Darüber hinaus stieg der Cannabiskonsum in der Zeit von COVID-19 sprunghaft an, da die Nachfrage in Zeiten der sozialen Isolation anhielt. Infolgedessen gibt es reichlich Investitionsmöglichkeiten in verschiedenen Bereichen des Cannabisgeschäfts, von Abgabestellen bis hin zur Produktforschung und -entwicklung. Das Wachstum dieses Marktes hängt jedoch immer noch stark von den politischen und regulatorischen Fortschritten ab. Übertriebener Optimismus in Bezug auf die Legalisierungstendenzen wirkt sich auch auf den Preismechanismus von Cannabisaktien aus, was Anleger ebenfalls beachten sollten. Nach der Legalisierung im Jahr 2018 erlebte Kanada ein Platzen der Investitionsblase und drastische Kurseinbrüche bei Cannabisaktien. Mittlerweile hat sich der Sektor der gelisteten Cannabis-Unternehmen konsolidiert und bietet vielschichtige Anlagemöglichkeiten. Die vielversprechenden Anzeichen für eine Lockerung der Maßnahmen in Europa könnte zu einem Dominoeffekt bei der Regulierungsreform führen, wie er in den Vereinigten Staaten zu beobachten ist. Daher sind wir weiterhin optimistisch für den Cannabismarkt, insbesondere für Pharma- und Biotech-Unternehmen, die Spitzenforschung für medizinische Anwendungen von Cannabinoiden betreiben.